Liebe ist das Wichtigste im Leben. Eine gute Beziehung trägt uns ein Leben lang durch Dick und Dünn. Wer nicht geliebt wird, wird irgendwann krank.
Eben deshalb leiden so viele daran, nie den richtigen Partner gefunden zu haben
Wenn wir uns verlieben, haben wir meist bestimmte Vorstellungen in uns, wie die Liebe ablaufen wird. Diese Vorstellungen sind geprägt durch das Vorbild unserer Eltern und Großeltern, durch die Erfahrungen unserer Freunde, durch Romane, Theaterstücke und Filme. Wenn Amors Pfeil zuschlägt, passiert aber oft etwas ganz anderes als in unserer Vorstellung. Wir träumen von Harmonie und Glück, in der Beziehung erleben wir dann Streit und Unglück. Wir träumen von Vertrauen und Verständnis, wir ernten Misstrauen und Unverständnis.
Vielleicht ist diese Diskrepanz zwischen unseren Wünschen an die Liebe und der harten Realität mancher Beziehungen darauf zurückzuführen, dass uns niemand beibringt, wie eine Partnerschaft richtig zu führen ist. Heute gibt es Partnertherapien, Partnertrainings und Seminare, in denen wir viel Know-how für den Umgang mit unserem Partner erwerben können. Aber Hand aufs Herz – wer besucht solche Seminare? Die Frauen würden gerne, sobald die ersten Beziehungsprobleme auftauchen, aber die Männer gehen meistens nicht mit. Erst wenn die Scheidung droht und schon das meiste Porzellan zerschlagen ist, werden die vorhandenen Hilfestellungen in Anspruch genommen. Manche kratzen dann gerade noch die Kurve, für viele andere ist es aber schon zu spät.
Stellen wir uns kurz vor, Lieben lernen wäre ein Unterrichtsgegenstand in der Schule. Wir würden in Kommunikation und Emotionalität unterrichtet, bis wir zur höheren Liebe vordringen. Dies hätte dann wohl mehr Auswirkungen als das jahrelange Training in höherer Mathematik oder hochgeistiger Literatur. Das ist aber nicht einmal eine ferne Zukunftsmusik. Denn in der Schule wird die Zeit, die die Jugendlichen für ihre ersten Liebeserfahrungen verwenden, hauptsächlich als Störfaktor betrachtet, der sie vom Lernen ablenkt.
Da wir also von unseren Eltern und Lehrern relativ blauäugig in die Welt der Liebe entlassen werden, um unsere eigenen Erfahrungen zu machen, passiert dann meist folgendes: Nach der ersten Verliebtheitsphase tauchen Missverständnisse, Kränkungen und Konflikte auf, die zu Liebeskummer und oft zum schnellen Ende der Beziehung führen. Wenn man den Liebeskummer überwunden hat, versucht man es erneut mit einem anderen Partner. Mit etwas Glück gerät man nach einigen Anläufen an den idealen Partner, bei dem sich die Konflikte nicht wiederholen.
Oft wiederholen sich aber die Konflikte bei verschiedenen Partnern, bis man resigniert zum Schluss kommt, dass man eben immer Pech in der Liebe hat und das ersehnte Glück in weite Ferne entschwindet.
Dann schlagen in den Partnerkonflikten die alten Partnermuster unserer Eltern und Großeltern durch, weil wir uns unbewusst an deren Modellen orientieren, welche die einzige Lernhilfe in Sachen Liebe sind. Wenn die Eltern und Ahnen also Pech in der Liebe hatten, dann „vererbt“ sich dieses auf uns weiter. Diese Weitergabe des Liebeskummers hat aber nichts mit unseren Genen zu tun, sondern ist eine Form des Lernens am Modell. Wir machen den Eltern alles nach, was sie uns vorleben. Leider auch die Fehler.
Wenn wir also unter unseren Ahnen viele unglückliche Frauen, gefühllose Männer und schlechte Ehen finden, die eher Zweckgemeinschaften als Liebesabenteuer waren, dann haben wir meist einen langen Weg zu unserem Glück vor uns. Wir bauen in unserer Liebesfähigkeit zwar auf den Erkenntnissen unserer Vorfahren auf. Manchmal sind diese aber großteils negative Erkenntnisse, die wir erst einmal aus unseren Seelen entfernen müssen, um dann quasi bei Null beginnen zu können.
Wenn wir unbewusst die Liebesmuster unserer Ahnen übernehmen, steigen wir damit auch in deren Dramen ein. Wir übernehmen Rollen, die unsere Erfahrungswelt festlegen. Vielleicht sind wir Romeo und Julia, vielleicht aber auch Othello und Desdemona, Dornröschen, Schneewittchen oder Aschenputtel mit ihren jeweiligen Prinzen. Wie uns die Märchen lehren, müssen die Liebesdramen so lange durchlebt werden, bis ein Paar die richtige Lösung, den Ausgang aus dem Drama findet.
Wenn sich zwei Menschen verlieben, dann verbinden sich meist auch die Liebesdramen ihrer Familien zu einem gemeinsamen Muster. Ich spiele dann eine Rolle im Drama des anderen. Ich zwinge aber auch dem anderen eine Rolle in meinem Drama auf. Ich lasse dem Partner keine Chance, aus seiner Rolle auszubrechen. Erst wenn wir unser Drama erkennen und bewusst damit umgehen, können wir aus alten Rollen und Partnermustern aussteigen.
Liebe passiert. Wenn Liebesgeschichten richtig erzählt werden, dann werden sie zu einem Modell, das die Kinder bewusst annehmen können oder auch nicht. Wenn die Geschichten zwar gelebt, aber verfälscht und verdrängt werden, dann werden sie zu einer Zwangsjacke, die wie ein Schicksal über die Nachfahren kommt. Dann sind in manchen Familien Männer immer Betrüger, Frauen immer Xanthippen. Deshalb ist es wichtig, sich von solchen alten Bildern zu lösen.
https://www.amazon.de/Amors-vergiftete-Pfeile-verfahrenen-Beziehungsmustern/dp/3708804694/ref=sr_1_18?s=books&ie=UTF8&qid=1517586855&sr=1-18&keywords=opelt+r%C3%BCdiger